31.12.1997 PDF

Stoffkundebroschüre - Opium und Opiate

PRODUKT

Opium ist in Europa und Asien seit mehreren tausend Jahren bekannt und wurde als Heil- und Narkosemittel und wohl auch zum kultischen Gebrauch eingesetzt. Gewonnen wird es durch Anritzen der unreifen Kapseln des Schlafmohns (papaver somniferum), wo es als milchiger Saft austritt. Dieser Saft ist eine reichhaltige Fundgrube an psychoaktiven Alkaloiden, deren bekannteste Morphium, Codein und Papaverum sein dürften. Im 17. Jahrhunden entwickelte der Arzt Paracelsus das Laudanum, in Alkohol gelöstes Opium, das für über 200 Jahre zum festen Bestandteil der bürgerlichen Hausapotheke wurde. Neben seiner propagierten Wirkung als Allheilmittel war auch eine hedonistische Anwendbarkeit den damaligen VerbraucherInnen bekannt und z. T. teuer, den englischen Romantikern beispielsweise. Im 19. Jahrhundert noch war Opium ein wichtiges Exportprodukt der Kolonialmächte, insbesondere Englands, das zum Zwecke der Absatzmarkterschließung u.a. den Opiumkrieg gegen China führte, dessen Autarkiepolitik es damit brach und für den Weltmarkt öffnete. Heute wird es hauptsächlich im Nahen und Fernen Osten, fast ausschließlich zum Zwecke der Weiterverarbeitung, gewonnen. 1805 schreibt Friedrich Sertürner an das 'Journal für Pharmacie', er habe "das schlafmachende Princip des Opiums" entdeckt, d.h. den Wirkstoff isoliert, den er - nach Morpheus, dem griechischen Gottes des Traumes - Morphium taufte. Nach der Erfindung der Injektionsspritze sollte es auf den europäischen Schlachtfeldern rasch heimisch werden. Ab 1817 ist Morphin in Arzneibüchern eingetragen, 1826 beginnt seine kommerzielle Herstellung in der Darmstädter Apotheke Merck. 1898 brachte Bayer Diacethylmorphin unter dem Namen Heroin auf den Markt - als Hustenmittel, aber auch als Therapeutikum gegen die inzwischen problematisierte Morphinabhängigkeit. Morphium und Heroin fanden, eingeführt von Ärzten, Apothekern und ehemaligen Soldaten, breites Interesse im Bürgertum als Genussmittel; so gab es im Fin-de-siècle-Paris regelrechte Morphiumkränzchen mit goldenem Spritzbesteck. Nach dem weltweiten Verbot in den 20er Jahren (ein Produkt wirtschaftlicher Interessen gegen den Pharmagiganten Deutschland und der rassistischen Hetze gegen die opiumrauchenden chinesischen ArbeitsimmigrantInnen in den USA, die sich rasch zur Moralkampagne gegen Opiatgebrauch überhaupt entwickelte) wurde es im Westen still um Opium und die Opiate. Erst in den 60ern reüssierte Heroin auf dem illegalen Drogenmarkt, angestoßen wieder einmal durch Soldaten - diesmal die in Vietnam eingesetzten GI's, die den Stoff recht systematisch von versprengten und inzwischen auf Opiumwirtschaft umgestiegenen Einheiten der nationalchinesischen Armee bezogen. Anders als früher interessierten sich jedoch weniger die gutsituierte Bourgeois denn die in Sachen Drogen experimentierfreudige Subkultur für die Opiate und entwickelte dementsprechend auffälligere Gebrauchsmuster, die geprägt waren von ökonomischer Deklassierung einerseits, Bereitschaft zur illegalen Aneignung der Substanz andererseits. Endgültig darauf zurückgeworfen wurde die Opiatszene mit dem Verbot ärztlicher Abgabe von Opiaten an körperlich Abhängige 1972. Während Heroin heute von der Drogenszene konsumiert wird, findet Morphium noch immer als effektivstes Schmerzmittel in schweren Fällen medizinische Anwendung. Methadon bzw. L-Polamidon, ein synthetisches Opiat oder auch Opioid, wurde in den 40er Jahren in NS-Deutschland entwickelt, um auch ohne Opiumvorräte auf ein Schmerzmittel für die Kriegsführung zurückgreifen zu können. Seit den frühen 80er Jahren wird es in der BRD, zunächst nur unter SPD-Regie, heute jedoch von allen Seiten als sog. Ersatzdroge für schwerverelendete Junkies angeboten. Die Hürden, in deren Genuss zu kommen, sind je nach Bundesland unterschiedlich hoch; gemeinsamer Nenner ist in allen Fällen allerdings die Abstinenz von anderen illegalen Substanzen und die strenge ärztliche Überwachung der KonsumentInnen.

GEBRAUCH

Opium wird entweder direkt gegessen oder nach der Weiterverarbeitung zu Rauchopium (chandu) in den bekannten langen Opiumpfeifen erhitzt und der Dampf inhaliert. Opium verbrennt nicht, der Rauch ist daher auch nicht karzinogen. Unter mitteleuropäischen Verhältnissen hat sich, da das Anritzen der Kapseln häufig kaum Ertrag liefert, auch die Technik ausgeprägt, die Kapseln zu einem Tee auszukochen - was auch mit anderen Mohnsorten als dem Somniferum möglich ist. Der Anbau bedarf einer Genehmigung, um sicherzustellen, dass nur Bastelmaterial und Mohnstollen hergestellt werden, der Erwerb der Samen selbst ist legal. Bei allen Techniken gilt, dass der Gehalt psychoaktiver Substanzen im Rohopium starken Schwankungen unterliegt und UserInnen daher vorsichtig dosieren sollten. Als Ergebnis stellt sich von wohliger Entspannung bis zum somnambulen Schlaf mit betörenden oder verstörenden Traumbildern so einiges ein. Heroin wird geschnupft, geraucht, gegessen oder injiziert. Während die genauen Applikationsformen ausführlicher noch dargestellt werden, lässt sich über die Wirkung sagen, dass sie weniger spektakulär erscheint als z.B. die von LSD. Die Wahrnehmung wird kaum verändert; den Körper umfasst jedoch ein - leicht nachorgastisches - Gefühl von Wärme, Geborgenheit und Zufriedenheit, gepaart mit Schmerzunempfindlichkeit und Betäubung der Körperperipherie - was sich unangenehm in Jucken bemerkbar machen kann. Zudem erfreuen sich KonsumentInnen gesteigerter Selbstsicherheit, eines Gefühls von Da- und Klarsein; wenig dokumentiert, aber möglich ist der selbsttherapeutische Gebrauch nicht nur zum Ferienmachen vom Stress, sondern auch zur unverkrampften Konfrontation mit ansonsten als zu unangenehm empfundenen Themen. Konträr zum Bild in der Öffentlichkeit ist Offenheit und Mitteilungsdrang bei nicht bereits deklassierten HeroinuserInnen häufig zu beobachten. Beim Injizieren und auch beim Rauchen kommt der Kick hinzu, d.h. ein explosionsartiges Überschwemmen mit Glücksgefühlen. Die Wirkung zu beschreiben, scheint den meisten HeroingebraucherInnen schwer zu fallen, so dass die meistgebrauchten Worte "gut", "schön" oder "geil" sind; und wahrscheinlich trifft es das auch. FreundInnen ungebremster Aktivität könnten das gleiche allerdings auch langweilig finden. Wer Probleme damit hat, sich euphorisiert zu fühlen, kann das Gefühl aber auch auf Übelkeit umleiten und ansonsten wenig von der Wirkung haben - auch Heroin ist von Set und Setting abhängig. Unter den Bedingungen des Verbotes, die sowohl die Verelendung erzwingen als auch das Bild der Kaputtnik-Droge prägten, ist neben der unmittelbaren Drogenwirkung von Heroin eine zweite Konsummotivation zu beobachten. Nicht nur Rockstars wie Nick Cave oder Sid Vicious wählten das Junken als Mittel, ihrem Leiden an sich und der Welt, wie sie eingerichtet ist, Ausdruck zu verleihen. In ihren Liedern, geschrieben unter der Einwirkung einer Droge, die glücklich und zufrieden machen soll, ist von dieser Zufriedenheit kaum etwas zu spüren. Die Vermutung liegt nahe, dass an Heroin nicht nur die pharmazeutische Wirkung fasziniert, sondern eben auch die offensive Geste, eine mit Unglücklich- und Kaputtsein assoziierte "Horrordroge" zu konsumieren. Korrekt dosiertes, reines Heroin hat als Nebenwirkung Verstopfung und, wie erwähnt, vielleicht Übelkeit. Irreversible Schädigungen der Körperfunktionen treten nicht auf. Bei regelmäßigem Konsum wird die körpereigene Produktion von Endomorphinen, pharmakologisch den Opiaten ähnlich, ausgesetzt, so dass es beim Absetzen der Heroinzufuhr zu den bekannten Entzugserscheinungen kommt, vergleichbar einer starken Grippe mit Schüttelfrost, Krämpfen und Gliederschmerzen. Dieser für die Betroffenen äußerst unangenehme Vorgang ist gleichwohl keineswegs lebensbedrohlich. Wann es zu so einer Umstellung des Stoffwechsels kommt, ist nicht genau auszumachen - je nach Person zwischen ein paar Wochen und ein paar Monaten und in der Heftigkeit abhängig von der Konsumfrequenz. Kaum untersucht ist die Rückwirkung der psychischen Verarbeitung des Opiatkonsums auf die physiologischen Prozesse - so gibt es für viele Junkies aufgrund des geringen Reinheitsgrades des Straßenheroins Phasen von Abstinenz, ohne dass diese es wissen und das Gefühl hätten, auf Turkey zu sein. Auch Spontanentzüge in veränderten Lebenslagen ohne Entzugserscheinungen sind von TherapeutInnen beobachtet worden. Die größte Gefahr beim Heroingebrauch ist die Überdosierung, die vor allem Junkies, die Straßenheroin mit unerwartet hohem Heroinanteil spritzen, droht. In diesem Fall kommt es, plastisch in "Pulp Fiction" zu beobachten, zum Atemstillstand (s.a. Erste Hilfe). ErstuserInnen sollten daher äußerst vorsichtig sein und nicht mehr als ein Standardpäckchen Straßenheroin (wiegt ca. 0,1 g) konsumieren; erfahrene UserInnen, deren Körper tolerant geworden sind, pendeln sich irgendwann auf "ihre" Dosis ein. Gleiches wie für Heroin gilt im Prinzip auch für Morphium, bloß dass Heroin die Blut-Hirn-Schranke schneller überwindet und daher kickiger wirkt.

LITERATUR

Über Opium fällt einem als erstes De Quinceys klassisches Werk von 1822, "Bekenntnisse eines englischen Opiumessers" (bei Kiepenheuer &"Witsch) ein. Aus neuerer Zeit bietet sich Jean Cocteaus poetisches Tagebuch "Opium" (Fischer Verlag) an, auch wegen der schönen Spitzen gegen den normierenden Medizinapparat, dem er sich gelegentlich unterwarf. Als Film zum Thema Opium in der Romantik sei auf den Film "Gothic" verwiesen, die Schilderung einer Opiumnacht, in der u.a. Mary Shelley die Idee zu "Frankenstein" gebar. Als praktisches Handbuch zum Thema Opiumgebrauch und Mohnanbau verweisen wir mangels Alternativen auf "Inforeihe Drogen: Opium", vom Raymond Martin Verlag. Über Heroin, die mediale Horrordroge Nr. 1, gibt es natürlich unsäglich viele Veröffentlichungen, Wissenschaftsschrott ebenso wie Junkie- Pornos à la "Kinder vom Bahnhof Zoo". Andererseits gibt es, insbesondere auf dem englischsprachigen Markt, seit längerem äußerst ergiebige Spezialliteratur, von der wir im Reader "Genuss-Drogen-Politik" (bei uns erfragen) einige ansonsten schwer zugängliche Texte nachgedruckt haben. Zum Einstieg in die politische Heroindiskussion eignen sich wohl die Bücher von H. Schmidt-Semisch, in denen alle wichtige Literatur aufgearbeitet wird. Erhältlich sind "Drogen als Genussmittel" sowie "Die prekäre Grenze der Legalität" (München 1992/1994) , während "Drogenpolitik" (München 1991) schon vergriffen ist. Weiterhin: Chr. Bauer, "Heroinlegalisierung", (Reinbek 1992), De Ridder, "Heroin: Geschichte-Legenden-Fakten", in: Grözinger (Hg.), "Recht auf Sucht?", Berlin 1991 (ansonsten nicht so toll), sowie die Broschüre der Beratungsstelle Palette, "Warum wir für die Legalisierung von Heroin sind" (Eigenverlag, Schillerstr. 47-49, 22767 Hamburg, 040-455457). Materialreich ist natürlich das Kapitel über Heroin in Scheerer/Vogt (Hg.), "Drogen und Drogenpolitik" (Frankfurt 1989), und ein guter Querschnitt der aktuellen progressiven Drogendiskussion findet sich auch in akzept (Hg.), "Menschenwürde in der Drogenpolitik" (Hamburg 1993), dem Reader zum 2. Bundeskongress der akzeptierenden Drogenarbeit. Für LiteratInnen sei bei erstaunlich kleiner Auswahl auf William Burroughs' "Junkie" verwiesen, mit allen Einschränkungen, die man dem amerikanischen Post-Hemingway-Realismus à la "Hank runzelte die Stirn und trank einen Whisky" gegenüber machen muss. Aber besseres gibt es halt nicht; erst in der Musik finden wir Annehmbares von reflektierten Junkies (Velvet Undergrounds erste LP und alles von Johnny Thunders). "Trainspotting" und "Pulp Fiction" kennt eh jeder.

MYTHENPRÄVENTION

Wo anfangen bei diesen Substanzen, um die sich Legenden ranken wie um keine anderen? Daher nur in aller gebotenen Kürze: Das Elend heutiger HeroingebraucherInnen ist kein Ergebnis der Droge, sondern der Drogenpolitik. Dass man auch mit Heroinabhängigkeit gesund bis ins hohe Alter leben kann, beweisen nicht nur die bürgerlichen KonsumentInnen früherer Zeiten, sondern auch gutsituierte GebraucherInnen heute, die sich ordentlichen Stoff besorgen und bezahlen können. Zum Problem wird Heroin für weniger Gutsituierte dadurch, dass es statt auf dem Markt auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden muss: Unerschwingliche Preise sind die Folge, was Junkies zum Verzicht auf Wohnung und ausreichende Ernährung zwingt. Die schlechte Qualität des Stoffes (Reinheitsgrad unter 10%) wird mit zusätzlichem Konsum von Psychopharmaka ausgeglichen, und ungewöhnlich reines Heroin wird unwissentlich überdosiert. Durch die notwendig heimlichen Konsumformen entstehen zusätzliche Probleme, vom hastigen, falsch gesetzten Schuss bis zur Aufbereitung der Spritze mit Pfützenwasser. Aus Angst davor, bei ÄrztInnen als Junkies aufzufallen, werden wiederum die gesundheitlichen Schäden nicht behandelt. Neben der gesundheitlichen Verelendung, die der Staat über die HeroingebraucherInnen verhängt und der jährlich weit über 1.000 Junkies zum Opfer fallen, hält die Gesellschaft noch weitere Repressionsmaßnahmen bereit, vom Ausschluss aus allen sozialen Zusammenhängen, den nicht drogenvermittelten wie den Junkieszenen, die planmäßig von Polizeibütteln zerschlagen werden, bis zur ständigen Verknastung aufgrund von Drogenbesitz oder Beschaffungskriminalität. Etwa ein Viertel der Gefangenen in deutschen Knästen ist dort wegen Drogen, und neben den üblichen Brutalitäten der Verknastung bedeutet das für die Betroffenen, nicht mal die Möglichkeit zum Spritzentausch zu haben - und damit die ständige Gefahr, sich beim "needle-sharing" mit HIV oder Hepatitis zu infizieren. Auch das soziale Auftreten vieler Junkies ist auf die Bedingungen des Verbotes, nicht auf die Droge - der fälschlicherweise häufig nachgesagt wird, sie mache aus sich heraus Menschen sozial desinteressiert - zurückzuführen. Ebenso ein Gerücht ist es, Heroin mache "beim ersten Mal" abhängig - gestreut zur Warnung vor "gewissenlosen Dealern, die ihren Opfern den Stoff ins Getränk tun". Wie beschrieben, bedarf es einer längeren Phase des Konsums, um Heroin in den Stoffwechselprozess zu integrieren. Das Glas in der Disco, auch wenn gegen Mutters Warnung allein gelassen, darf jedoch auch deswegen schon bedenkenlos getrunken werden, weil nicht einmal der zum Scheitern verurteilte Versuch eines solchen Anfixens dokumentiert ist. Dafür ist der Stoff zu teuer. Auch sind längst nicht alle regelmäßigen HeroingebraucherInnen in diesem Sinne abhängig: Studien des US-Soziologen Harding dokumentieren, dass über 40% dieser regelmäßigen KonsumentInnen ihren H-Gebrauch rituell regulieren und gemeinsam reflektieren. (1) Je stärker die soziale Integration, desto häufiger sind diese Formen des Gebrauchs. Dies gilt ebenso für den selbstgewählten Ausstieg ("maturing out"), die häufigste Art, eine Heroinkarriere zu beenden - ganz im Gegensatz zur landläufigen Meinung, nur knallharte Abstinenztherapien verzeichneten Erfolge. Im Gegenteil sind diese Formen von Therapien, die mehr Gehirnwäschen gleichen, genauso brutal wie wirkungslos und enden fast ebenso häufig mit dem Tod der Betroffenen durch Suizid oder versehentliche Überdosierung wie mit der gewünschten Clean-Karriere. Zu guter Letzt sei darauf verwiesen, dass nach einer Freigabe keinesfalls "alle abhängig" würden. Dafür sind die Bedürfnisstrukturen der Menschen zu verschieden - und wer heute Lust auf Heroin verspürt, bekommt es eh überall. Auch schliddern die wenigsten in eine Heroinkarriere, denn fast alle sind sich über die möglichen Konsequenzen bei der ersten Applikation bewusst und wählen dennoch ihren Lebensstil, den sie dann auch gegen Ärzte und Polizisten zu verteidigen bereit sind. Nach der Freigabe würden nur die Bedingungen wegfallen, unter denen die Junkies verelenden, und die materiellen Möglichkeiten bestünden, den eigenen Konsum ergebnisoffener zu reflektieren, ohne bereits unwiderruflich auf die Junkie-Identität festgenagelt zu sein. Neben allem, was sich gegen Methadon einwenden lässt und unter dem Stichwort "Medizinalisierungskritik" von uns an anderer Stelle behandelt wurde, lässt sich festhalten, dass "Ersatzdroge" eine bloß ideologische Bezeichnung ist. Methadon ist genauso eine Droge wie Heroin, die zwar langsamer sich in den Stoffwechselprozess einschaltet, diesem aber auch wieder schwerer zu entziehen ist. Auch die Behauptung, es löse keinen Kick aus, ist - abgesehen von der Frage, was daran so toll wäre, wäre es so - eine falsche Behauptung, die einzig dadurch gedeckt ist, dass die bei Methadon übliche Applikation des Trinkens eben keinen Kick auslöst. Einzig durch die längere Depotdauer, d.h. die Zeit, in der das Methadon wirksam bleibt, unterscheidet es sich von Heroin und macht es für den Medizinapparat, für den dadurch die Junkies effizienter zu verwalten sind, attraktiv. Ohne diesen Kontrollgedanken den Betroffenen gegenüber gäbe es keinen Grund, Methadon statt Heroin zu verabreichen. Einen medizinischen Unterschied zu behaupten ist Teil der Ideologie genau dieses Kontrollapparates.


1 Neuere qualitative Studien von Wolfgang Schneider (INDRO Münster) zeigen auch für die BRD vielfältige Formen des nichtabhängigen Gebrauch von Heroin.